Inflation und Lieferkettenprobleme

Vertragsrisiken analysieren und rechtlich absichern

iStock, Suphanat Khumsap

Die Meyer Werft aus Papenburg ist ein aktuelles Beispiel für die Brisanz von steigenden Einkaufspreisen. Offensichtlich konnten die seit 2022 stark steigenden Material- und Energiepreise nicht an Kunden mit Altverträgen weitergereicht werden. Es kam zu Finanzierungsproblemen, Insolvenzgefahr und schließlich zu einer Rettung durch Bund und Land Niedersachsen. Da eine wieder steigende Inflation und neue Lieferkettenprobleme wahrscheinlich sind, müssen alle damit verbundenen Vertragsrisiken handelsrechtlich abgesichert werden.

Inflationsrate

In Deutschland haben wir nicht nur eine leichte Schrumpfung des realen Bruttoinlandsproduktes und eine Rezession, sondern auch eine Inflation. Die offizielle Inflationsrate gemessen als Verbraucherpreisindex (VPI) beträgt im August zwar nur noch 1,7 Prozent. Doch die Messmethode ist umstritten, da die Zusammensetzung und Gewichtung des Warenkorbes nicht der Lebensrealität weiter Bevölkerungskreise entspricht. Die als VPI gemessene Inflationsrate ist aus politischen Gründen tendenziell eher zu niedrig angesetzt. Eine realistischere Sicht auf die Höhe der Geldwertverschlechterung bietet der Goldpreis, der allein 2024 um 20 Prozent gestiegen ist.

Szenario 2025

Wie z. B. in den 1970iger Jahren während der Ölkrise erkennbar, verläuft die Inflationsrate in Wellen mit mehreren Höhepunkten. Dieses Muster wird sich vermutlich wiederholen. Aktuell steigen die Frachtraten für Standard-Container aus China und Asien wieder. Geopolitische Krisen in Bangladesh, Taiwan und im Nahen Osten erhöhen die Unsicherheit in den Lieferketten. Zudem werden die Energiepreise durch höhere CO2-Abgaben und Netzentgelte wieder anziehen. Zusätzlicher Druck kommt von Importzöllen auf chinesische Waren sowie Lohnsteigerungen. Und schließlich ist zu erwarten, dass die EZB aufgrund der hohen Staatsschulden die Zinssätze reduzieren und die Geldmenge durch eine lockere Geldpolitik erneut erhöhen wird.

Folgen

Die Lieferketten und Beschaffungspreise werden vermutlich wieder unsicher. Betroffen davon sind nicht nur die Automobilbranche, sondern auch die Bauindustrie, der Maschinenbau, die Elektro- und Chemieindustrie sowie der Handel. Wer nicht (rechtzeitig) liefert, riskiert die Kündigung und Schadensersatzzahlungen. Um das zu vermeiden, ist eine genaue Analyse der Lieferverträge notwendig. Juristische Entlastung könnte es geben, wenn die Lieferung z. B. aus Gründen wie höhere Gewalt/Force Majeure (vorübergehend) unmöglich wird. Das ist immer im Einzelfall zu prüfen. Juristisch zu prüfen sind auch mögliche Entlastungen aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), nach Art 79 CISG oder bei Vereinbarung eines sogenannten Selbstbelieferungsvorbehaltes.

Stark steigende Preise für Energie, Rohstoffe und Materialien, die nicht an Kunden weitergegeben werden können, schmälern die Margen und können schnell existenzgefährdend werden. Auch bei Preisproblemen ist eine eingehende Vertragsanalyse notwendig. Gibt es automatisierte Preisanpassungsklauseln, ist die Geschäftsgrundlage gestört/weggefallen oder bestehen etwa jährliche Preisgespräche, aus denen man eine gelebte Praxis ableiten kann? Zuallererst sollte man jedoch versuchen, mit seinen Kunden eine partnerschaftliche, einvernehmliche Lösung zu erzielen. In Krisenzeiten geht es jedoch häufig um das nackte Überleben. Vor einem unüberlegten Lieferstopp oder dessen Ankündigung ist jedoch dringend zu warnen. Zwingend zu beachten ist auch das Kartellrecht, das z. B. eine Koordinierung leidgeplagter Lieferanten (Wettbewerber) verbietet.

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